Interview mit Herrn Prof. Dr. Langenmayr und Frau Honekamp-Yamamoto

Welches Feedback zu Ihren Seminaren ist ihnen über die Jahre am besten in Erinnerung geblieben?

Prof. Dr. Langenmayr:

Mir ist in Erinnerung geblieben, dass manchmal Klienten nach einigen Monaten  oder   Jahren per Mail schreiben, dass sie sich an ganz bestimmte Situationen in der Ausbildung noch sehr gut erinnern, die ihnen sehr hilfreich waren, entweder beruflich oder aber auch privat. Zum Beispiel schrieb eine Teilnehmerin und das weiß ich noch genau: „es gibt im Leben nicht nur die negativen Aspekte sondern auch das Positive, wie gemütlich die Runde hier ist wie angenehm die Teilnehmer sind“ und daran erinnert sie sich dann immer wieder gerne in Situationen in denen sie sich nicht so wohl fühlt. Oder auch, dass Teilnehmer aus beruflichen Situationen etwas schildern. Zum Beispiel, dass sie jetzt mit Klienten deutlich freier, deutlich wohlwollender umgehen als sie das ursprünglich getan haben.

Sie bieten die Seminare nun schon seit einigen Jahren an und beschäftigen sich seit langer Zeit mit dem Thema Trauerbegleitung. Was macht Ihnen dabei am meisten Spaß?

Prof. Dr. Langenmayr:

Also ich finde, dass das Thema ein sehr wichtiges ist, weil wir mit so tiefen Gefühlen wie sie beim Verlust einer nahestehenden Person auftreten in unserer Gesellschaft immer noch nicht sehr offen umgehen und das ein bisschen verdrängt wird. Was auch ein ganz wesentlicher Punkt ist für die Gesundung und das gesunde Leben eines Menschen, denn wenn ich Gefühle nicht zulasse dann landen sie in der Regel an Stellen, die man gar nicht will und am schlimmsten ist wenn sie im Körper landen in Form von Erkrankungen. Ich selber muss sagen, dass ich im Laufe meines Lebens auch mit Verlusten zu tun hatte und ich es immer sehr angenehm finde die Erfahrungen die ich selber gemacht habe, auch die positiven im Rahmen eigener Trauertherapie, Anderen weiter zu vermitteln.

Frau Honekamp-Yamamoto:

Es war immer mein Anliegen und das finde ich sehr wichtig, dass im Umgang mit Trauer, so wie es früher ganz normal innerhalb der Gemeinschaft stattfinden konnte, auf liebevolle Art und Weise über schwierige Emotionen gesprochen wird und auch gesprochen werden kann in einem bestimmten Setting. Ich finde gerade in der Beratung ist es nicht mehr wie früher in der Gemeinschaft. Aber es ist dennoch sehr wichtig dass man auch über Verlusterfahrungen sprechen kann, weil wenn man über solche Emotionen hinweg kommt kann man das Leben mehr genießen und das Schöne am Leben auch mehr wertschätzen. Verlust, Trauer, Sterben, Tod und Leben sind so eng miteinander verbunden und das ist eigentlich ein Teil von Allem und wenn man dann auch über diese dunklen Seiten des Lebens sprechen kann, kann man auch das Schöne am Leben mehr genießen.

Sie erwähnten, dass scheinbar ein Veränderungsprozess zu früheren Gesellschaften stattgefunden hat. Was ist Ihrer Meinung nach in der deutschen Gesellschaft das größte Problem der Trauerkultur?

Prof. Dr. Langenmayr:

Für mich liegt ein großes Problem in der Ausbildung von Fachleuten. Zum Beispiel in der Psychologenausbildung spielen kognitive Aspekte und Wissen eine sehr große Rolle aber die eigene emotionale Erfahrung, also was erlebe ich wenn ich einem Klienten gegenüberstehe, was macht das mit mir und wie wirken meine Reaktionen auf den Anderen, wird im Grunde genommen nie bearbeitet. So etwas wird vielleicht später in Therapieausbildungen bearbeitet aber während des Studiums taucht so etwas gar nicht auf und ich denke das ist ein Problem.

Nun gibt es verschiedene Veranstalter zum Thema Trauerbegleitung, was ist das besondere an ihrem Seminar?

Prof. Dr. Langenmayr:

Das besondere an unserem Seminar ist, dass die Klienten die Möglichkeit haben sich selbst zu erleben, sich selbst in einer Beratungssituation zu erleben indem auch eigene Fälle von den Teilnehmern besprochen werden und dass die Teilnehmer sich selber ein stückweit überprüfen können. Wir machen relativ viel Selbsterfahrung und das ist sicherlich ein Spezifikum unserer Ausbildung, weil wir denken, dass es überhaupt nichts nützt, wenn ich den Leuten nur etwas intellektuell beibringe und sie dann einem Klienten gegenüber sitzen und nicht genau wissen was läuft jetzt da ab, auch bei mir. Und das ist sicherlich ein sehr positives Moment an unserer Ausbildung

Frau Honekamp-Yamamoto:

Also wir liefern immer auch viel für den Kopf, also viele Informationen und Wissen. Auf der anderen Seite legen wir auch viel Wert auf den Bauchanteil, also dass man was man tut dann auch emotional nachfühlen kann. Wir liefern tatsächlich ganz viele Verfahren die wir dann einfach so zur Verfügung stellen, nach dem Motto sucht euch etwas aus und packt euren eigenen Koffer zusammen, damit jeder hinterher weiß mit diesem oder jenen Verfahren kann ich sehr gut umgehen oder dieses oder jenes ist nicht so ganz meins, sodass jeder nach dem Seminar mit seinem eigenen Koffer weitergehen kann. Und darauf sind wir ganz stolz.

Eine letzte Frage noch zu einem anderen Thema. Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

Prof. Dr. Langenmayr:

Ich habe zuletzt zwei Bücher gelesen. Das eine ist ein kroatisches Buch und heißt „Revolver“. Es ist von einer sehr modernen Schriftstellerin und es geht darin um Abläufe in der Fischmafia in Trogir und dabei ist sehr humoristisch geschrieben. Es geht darum, dass die Tochter eines Mafioso sich in einen Journalisten verliebt, der diesen Mafioso in der Öffentlichkeit kritisiert hat und was sich dann so alles abspielt bis die beiden dann schlussendlich doch zueinander finden. Als zweites bin ich gerade dabei, einfach in Erinnerung an meine Schulzeit, den Julius Cäsar über den Bürgerkrieg zu lesen, weil ich es ganz spannend finde wenn man da über die Schulinformationen hinaus sieht wie der als Mensch gewesen ist und er beschreibt ja auch in welchen Situationen er Zweifel hatte oder ihm etwas nicht gelungen ist und das sind alles Bilder von Cäsar, die man sonst nicht mitbekommt und das finde ich ganz spannend.

Frau Honekamp-Yamamoto:

Ich habe gestern noch mit meinen Kindern mein Lieblingsbuch zum gefühlt hundertsten Mal gelesen und zwar „Wo die wilden Kerle wohnen“.